Montag, 15. August 2011

Kosten meiner Trichterbrust-Operation

Als Ergänzung zum Eintrag über die Kostenübernahme durch die Krankenversicherung soll es hier jetzt um die ganz konkreten Kosten gehen.

Da die Rechnungen nur nach und nach eintrudeln, wird es eine Weile dauern, bis mir alle Kosten bekannt sein werden.

Vorweg noch etwas Theorie (so, wie ich sie mir zusammenreime):

§ 8 Absatz 1 Satz 1 1. Halbsatz Krankenhausentgeltgesetz lautet:

Die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen sind für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen.D.h. für die allgemeinen Krankenhausleistungen dürfen keine unterschiedlichen Preise verlangt werden, egal ob gesetzlich oder privat versichert bzw. gar nicht versichert und Selbstzahler, egal, ob aus dem In- oder Ausland. Davon gibt es Ausnahmen, die aber hier nicht zutreffen.
Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen gibt es noch Wahlleistungen. Die Wahlleistungen werden wiederum in ärztliche (Chefarztbehandlung) und in nichtärztliche (Komfortleistungen: Ein- oder Zweibettzimmer usw.) unterschieden.

1. Kosten der allgemeinen Krankenhausleistungen (insb. DRG-Fallpauschale):

Wenn man die ICD-Schlüssel der Diagnosen und die OPS-Prozeduren der Operationen aus meinem OP-Bericht in einen DRG-Grouper eingibt, kommt folgendes Ergebnis heraus:

DRG: E05A Andere große Eingriffe am Thorax mit äußerst schweren CC
Entgelt (Fallpauschale): 10.613,30 EUR (für das Jahr 2009)

DRG-Grouper zur Ermittlung der Fallpauschale
Im Beispiel oben habe ich die Basisrate (bzw. Basisfallwert), die vom betreffenden Krankenhaus (Bundesland) abhängt, angepasst. Statt 2.900,00 EUR habe ich den Wert verwendet, der mir mal für das Helios als zutreffend genannt wurde.

An dem Ergebnis erkennt man auch, dass die Kosten für einen Krankenhausaufenthalt von 6 bis 35 Tagen pauschal gleich sind. Bei weniger als 6 Tagen würden Abschläge und bei mehr als 35 Zuschläge berechnet.

Wenn man ein bisschen mit den Werten spielt, bekommt man auch schnell heraus, wie und wodurch der Preis beeinflusst wird. Erst richtig teuer wird meine Trichterbrust-OP durch die angegebenen CC (Komplikationen oder Komorbiditäten): J41.8 und/oder J96.1.Wenn man diese weglässt, wird es gleich viel billiger: 6.219,73 EUR (statt 10.613,30 EUR) für E05C - Andere große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC, außer bei bösartiger Neubildung (1. Tag mit Abschlag: 3, 1. Tag mit Zuschlag: 24).

Und wie man auch herausbekommen kann, verändert sich die Fallpauschale nicht durch die bei mir zusätzlich dabei durchgeführte Kielbrust-OP.

Zu beachten ist, dass der von mir verwendete Grouper nur Fallpauchalen bis 2009 ermittelt.

Für 2010 sieht das korrekte Ergebnis etwas anders aus, da sich die Bewertungsrelation für E05A von 3.551 auf 3,393 verringert hat (kann man im Fallpauschalenkatalog 2010 ganz leicht selbst nachschlagen). Außerdem beträgt die aktuelle Basisrate für das Helios doch nur EUR 2.927,50.

Daras ergibt sich für DRG E05A:      2.927,50 EUR x 3,393 = 9.933,01 EUR  (für das Jahr 2010)

Und für E05C ergibt sich 2.927,50 x 2,013 = 5.893,06 EUR (E05C ist der leichtere Fall im Vergleich zu E05A).

Man kann also sagen, dass die Fallpauschale im Jahr 2010 in Berlin für eine Trichterbrust-OP für jeden (egal ob privat oder gesetzlich versichert) zwischen 5.893,06 EUR und 9.933,01 EUR liegen müsste.

Neben der Fallpauschale kommen noch folgende Zuschläge hinzu, die von der Größenordnung her aber nicht weiter ins Gewicht fallen: Ausbildungs-, Investitions-, DRG-System-, Qualitätssicherungs- und § 91-Systemzuschlag (alle zusammen 127,97 EUR).

D.h. die Endabrechnung des Krankenhauses geht über EUR 10.060,98.

Krankenhaus-Endabrechnung
Von diesen 10.060,98 EUR hat meine Versicherung erstmal nur einen unstreitigen Teil von 5.000 EUR bezahlt. Den nicht berücksichtigten Rechnungsanteil will meine Versicherung erstmal nach abrechnungs- und entgeltrechtlichen Gesichtspunkten prüfen. Für mich als Patienten ist das übrigens überhaupt kein Grund finanziell in Panik zu geraten, siehe: "Wenn die private Kasse nicht zahlt")

2. Kosten der ärztlichen Wahlleistungen (Chefarztbehandlung)

Vom operierenden Chefarzt kam eine Rechnung über 2.413 EUR:

Seite 1

Seite 2

Seite 3
Vom Chefarzt der Radiologie kam für die drei Thorax-Röntgenaufnahmen eine Gesamt-Rechnung über 75,28 EUR

Vom Chefarzt des Klinikums für Physikalische Medizin kam nach ca. 5 Monaten für die Physiotherapie auf der Kinderchirurgie- und IMC-Station eine Rechnung über 60,19 EUR.
Physiotherapie-Rechnung
Außerdem: Laborrechnung "Abstrich auf MRSA": 23,86 EUR  ...

3. Kosten der nichtärztlichen Wahlleistungen (Unterkunft)

Es sieht so aus, als ob das Krankenhaus keine Kosten für nichtärztliche Wahlleistungen geltend gemacht hat. In einem Textbaustein meiner Krankenversicherung war zwar die Rede davon, dass eine entsprechende Rechnung des Krankenhauses bereits erstattet wurde. Auf meine Nachfrage hieß es dann aber, dass doch keine Kosten vom Krankenhaus geltend gemacht wurden. Und zwar deshalb, weil die Leistung "Zweibettzimmer" inzwischen Regelleistung sei.

(Bis vor kurzem war das wohl noch anders. In der Krankenhaus-Datenbank des PKV-Verbandes wurden für das Helios-Kilinikum Berlin-Buch für Einbettzimmer und Zweibettzimmer die entsprechenden Zuschläge aufgeführt (für 1-Bett-Zimmer etwas mehr als 60 EUR und für 2-Bett-Zimmer etwas mehr als 20 EUR). Jetzt, wo ich mir nochmal die genauen Preise anschauen wollte, steht dort: "Nach unseren Informationen wird keine Wahlleistung "Unterkunft" angeboten." Das bezieht sich auf das "normale" Helios-Klinikum Berlin-Buch und nicht auf die Helios-Privatklinik Berlin-Buch im gleichen Gebäude. s.a. meinen anderen Eintrag zu Wahlleistungen)

4. Kosten der vorstationären Behandlungen

Untersuchung+Beratung+Befundbericht Trichterbrust70,73 EUR
Herzechokardiographie/Ultraschall174,80 EUR
Metall-Allergietest Hautarzt (Epikutantest 15x)101,92 EUR
MRT der Trichterbrust636,44 EUR
Labor (Blutbild, PTT, Ka, Na, TPZ)14,75 EUR
Labor (Hepatitis B und C, HBc-Ag, HIV)94,71 EUR
EKG, Laufbandergometrie158,88 EUR
Lungenfunktionstest? EUR
...

5. Kosten der nachstationären Behandlungen

Ultraschall Pleuraerguss (2 Termine)75,06 EUR
Hautarzt "Begutachtung" Wunden30,83 EUR
Labor Wunden Abstrich83,24 EUR
Kardio-MRT508,50 EUR
...
Übersicht der Einträge zu meiner Trichterbrust-OP

10 Kommentare:

  1. Hallo Ex-Pectus,
    ich bin an den tatsächlichen Kosten sehr interessiert da ich es in Erwägung ziehe eine TB-OP evtl. selbst zu finanzieren. Es zeichnet sich für mich ab dass sich die Krankenkasse quer stellen wird....
    Habe ich Deine Schilderungen richtig verstanden? Mit der Fallpauschale währen die OP (ärztliche Leistung) und der Krankenhaus-Aufenthalt abgegolten? Also wenn man keine Wahl-Leistung wie Chef-Arzt-Behandlung wünschen würde kämen die 2413 Euro nicht unbedingt hinzu und es bliebe bei ca 6000-10000 Euro?
    Weisst Du vielleicht ob im Helios auch andere Operateure operieren die vieleicht unter dem Professor gelernt haben?
    Ich würde mich sehr freuen wenn Du Positionen vor und nach der OP, die du zwar schon auflistest - wo aber noch der Betrag fehlt - um die Beträge ergänzen würdest.
    Viele Grüße,
    ausssi

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  2. Das hast Du schon richtig verstanden, mit der Fallpauschale wäre die OP inkl. Nebenkosten/Unterbringung abgegolten. Es könnte aber sein, dass man auf Deinen Wunsch, auf Wahlleistungen zu verzichten, keine Rücksicht nehmen will.
    Mir wurde gesagt, dass im Helios nur der Prof. (mit Assistenten) die Nuss-OP (Bügel-Einsetzen) durchführt. Und der Prof. hat auf pectusinfo.com/board selber geschrieben, dass das Entfernen auch schon mal ohne ihn durchgeführt wird. Nur, wenn man noch spezielle Korrekturwünsche bei der Bügelentfernung hat, dann macht auch die Entfernung auf jeden Fall der Prof. selbst.

    Wenn es Dir nicht so wichtig ist, dass es Prof. Schaarschmidt sein muss, würde ich Dir auf jeden Fall Dr. Lützenberg empfehlen. Der ist noch kein Chefarzt, so dass man auch keinen Chefarzt bezahlen muss, aber trotzdem ein sehr guter Arzt und Trichterbrust-Spezialist.

    Und ich würde Dir auch sehr davon abraten, die OP selber zu bezahlen. Wenn das ganze als medizinisch nicht notwendige Wunsch-OP läuft, würde die KK auch bei irgendwelchen durch die OP verursachten Komplikationen offiziell nichts bezahlen. Das kann dann in die Zehntausende gehen. Auf pectusinfo.com kann man ja auch von "Pauschalpreisen" lesen, aber mich würde wirklich mal interessieren, wie das rechtlich sauber funktionieren soll. (In dem Zusammenhang: einfach mal nach Helios Abrechnung auf Google-News suchen).

    Ansonsten wollte ich die Kostenangaben sowieso mal aktualisieren. Ich bin nur nicht dazu gekommen. Vielleicht komme ich so in einer Woche dazu.

    Aber wie gesagt: Versuche lieber die KK zu überzeugen! Warst Du denn schon bei Prof. Schaarschmidt und hast einen entsprechenden Arztbrief?

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  3. Danke erstmal für Deine schnelle Antwort!
    Ja, ich war schon beim Professor. Ich wäre wohl ein grenzwertiger Fall aber letztendlich hat er eine OP beführwortet (mehr Platy-Thorax als Trichterbrust). Der Hintergrund meines OP-Wunsches sind Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme die nun schon seit einigen Jahren bestehen. In diesen Jahren habe ich schon alle möglichen Untersuchungen hinter mir. Ausser der Aussage "verzögerte Passage der Nahrung/ des Kontrastmittel-Breis" ergab aber keine Untersuchung etwas konkretes. Organisch sei alles OK. Deshalb wurde mir auch schon die Diagnose "psychosomatisch" gestellt. Der Professor konnte sich zwar vorstellen das meine Beschwerden mit der "Einengung" zusammen hängen könnte, stellte aber in seinem Schreiben "körperliche Belastungs-Probleme" in den Vorder-Grund. Darauf hin schickte mich die Krankenkasse zum Lungen-Facharzt. Der stellte eine (angebliche) Lungen-Funktion von 110% fest. Damit hat es die Krankenkasse wohl leicht die OP abzulehnen...Glaub mir, ich würde es nicht in Erwägung ziehen die OP selbst zu bezahlen wenn es meine Lebensqualität nicht deutlich beinträchtigt wäre. Selbst wenn es zu Komplikationen käme - Lieber finanziel Bankrot - als immer mit dieser Beinträchtigung zu leben. Denn einfach liegen lassen würden sie einen im Krankenhaus wohl kaum wenn es zu Komplikationen käme. Und raus müsste der Bügel dann irgendwann auch -spätestens wenn der Körper Abwehr-mechanismen gegen ihn entwickelt...wenn es ernst werden würde könnte die Kasse nicht drum herum die Kosten dafür erstmal zu tragen. Sie könnte einen dann ja ggf. in Regress nehmen...
    Natürlich würde ich mich am liebsten auch nur vom Professor selbst operieren lassen...
    Ist Dr. Lützenberg auch am Helios?
    Hast Du noch Tipps wie die KK zu überzeugen wäre?
    Das mit den Pauschal-Preisen werde ich in kürze mal näher beleuchten...
    Gruß,
    aussi

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  4. Dr. Lützenberg ist von der Charité, Campus Benjamin Franklin. Er hat eine sehr informative Internetseite zur Trichterbrust, antwortet auch auf Emails und ist auch sonst sehr zu empfehlen.

    Bzgl. "Pauschalpreis" kannst Du ja mal bei google eingeben: site:pectusinfo.com 20.000 OR 20000

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  5. Vielen Dank für die gute Hilfestellung beim suchen. Echt interessante Informationen. Aber woher die hohe Differenz? Ist das dass Risiko?
    100% Risiko-Aufschlag? Entweder eine riesige Marge oder doch mehr Fälle mit mehr oder weniger großen Komplikationen. Also mit 100% Aufschlag kann ich mir schon vorstellen dass sich das für die Klinik rechnet...6-10 Tausend wäre wohl auch echt nicht viel- Mir hat kürzlich ein Mediziner gesagt das ne Blinddarm-OP ja schon 7000 kostet..

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  6. Wenn Du den Mediziner nochmal treffen solltest, frag nochmal nach. Ich bin kein Fachmann, aber eine einfach Blinddarm-OP dürfte als DRG G23C abgerechnet werden und kostet demnach ca. 2200 EUR, eine "komplizierte" vielleicht als G07A ca. 4200 EUR.

    Und zu den Preisangaben auf pectusinfo.com: Mich würde die Konstruktion eines solchen Preises auch mal interessieren.

    Wer sich ganz allgemein für das Thema interessiert, sollte sich mal die "Bemerkungen 2010 des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein mit Bericht zur Landeshaushaltsrechnung 2008" ansehen (gibts als PDF im Internet). Dort ab S. 147: "Universitätsklinikum rechnet ausländische Patienten falsch ab". Dort werden einige "kreative" Abrechnungsmethoden dargestellt und rechtlich gewürdigt.

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  7. hier der Link:
    http://www.landesrechnungshof-sh.de/index.php?getfile=bm2010-zusammenfassung.pdf

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  8. Meinst Du mit der Internet-Seite des Dr. Lützenberg die auf den Seiten der Charité?
    also diese hier:
    http://chi.charite.de/patienten-information/krankheiten-therapien/lungenchirurgie/trichterbrust.html

    Oder hat er noch eine andere?

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  9. Ja, die Internetseiten meinte ich. Und Erfahrungsberichte über Dr. Lützenberg gibt es auch im Forum von Trichterbrustinfo.de und im Blog von Anna (s.o. bei meinen Links).

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  10. Das sind eben die Nachteile einer PKV. Zumindest bei einigen Anbietern :-(

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